Oder auch: Wieso nicht?

Wieso nicht der Gang zum seriösen Züchter der sorgfältig ausgewählten Rasse, um von ihm den optimal für die Familie geeigneten, durch maßvolle Inzucht längst charakterlich und optisch standartisierten Welpen zugeteilt zu bekommen? 

Wieso stattdessen die Entscheidung für ein Secondhand-Modell ohne gesicherte Erbanlagen, dafür mit meistens unbekannter Vorgeschichte? Gute Frage.

Lassen wir an dieser Stelle einfach Olis Frauchen zu Wort kommen mit einer zauberhaften Liebeserklärung an ihren Hund aus zweiter Hand, der nicht genormt ist und ganz sicher nicht perfekt, aber irgendwie eben doch - für seine Menschen: 

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"Liebe Giovanna, vielen Dank für die Einladung zum Adventsgassi. Wir schaffen es zwar nicht, dabei zu sein, aber ich möchte wenigstens endlich die Gelegenheit ergreifen und Ihnen von Oliver erzählen. Inzwischen gehört er ja schon seit zehn Monaten zur Familie, und wir können uns den Alltag ohne ihn gar nicht mehr so richtig vorstellen. Er hat sich tatsächlich als wunderbarer Familienhund entpuppt, und wir haben den Eindruck, er fühlt sich rundum wohl. Er ist muskelbepackt, sein Fell glänzt und wir sind alle davon überzeugt, dass er seit Januar gewaltig gewachsen ist. Aber das bilden wir uns vielleicht auch nur ein. Vielleicht erzähle ich einfach mal ein bisschen aus seinem Alltag:

Morgens verabschiedet er pünktlich um halb acht meinen Mann und meine Söhne zur Arbeit und in die Schule, indem er sich auf der Fußmatte breit macht und jeden dazu zwingt, über ihn zu steigen. Als könnte ich vergessen, mit ihm Gassi zu gehen! Dann ziehen wir zusammen los, entweder bei uns auf dem Feld oder im Stadtpark, an der Würm entlang oder im nahegelegenen Waldstück. Momentan sind ihm die Felder am liebsten, jetzt wo alles abgeerntet ist und man wieder die Wege gehen kann, die im Sommer alle zugewachsen waren, hat er am liebsten Weitblick und zieht kreuz und quer über die Äcker. Sein Jagdhundblut lässt sich leider nicht verleugnen, die Nase ist immer am Boden und wenn er eine Spur hat oder einen Hasen/Igel/Fuchs/Ente sieht, ist leider sämtliche Erziehung vergessen. Dann verschwendet er keinen Gedanken mehr an mich. Deshalb habe ich ihn meist an der Schleppleine und habe dank seines Tempos und seiner Ausdauer ganz schnell fünf Kilo abgenommen. Oft gehen wir auch mit Freunden Gassi, mit deren Hunden er sich ausnahmslos gut verträgt.

Überhaupt ist er sehr umgänglich mit anderen Hunden. Kleine und alte Hunde nimmt er sowieso nicht ernst. Welpen dürfen mit ihm machen, was sie wollen, auch auf seinen Kopf und Rücken klettern. Auch mit Hunden seines Kalibers verträgt er sich gut, es sei denn, er darf ihnen nicht begegnen. Was er gar nicht leiden kann, ist, wenn andere Hundebesitzer ihre Hunde von ihm wegziehen.Dann verbellt er sie oft, hängt sich in sein Geschirr und sieht höchst furchterregend aus. Das war anfangs sehr unangenehm, wird aber immer besser. Erstens weil er von Monat zu Monat gelassener wird, zweitens weil wir inzwischen natürlich alle Hunde der Gegend kennen.

Mittags nach der Schule geht Joshua, der demnächst vierzehn wird und eigentlich Olis Haupt-Herrchen ist, meist mit ihm Radfahren oder ist mit seinen Klassenkameraden und deren Hunden unterwegs. Beim Radfahren klappt es ganz gut ohne Leine, wohl weil ihn das Laufen neben dem Fahrrad vom Schnuppern und der Spurensuche ablenkt. Auf Joshua hört er am besten und mit Joshua geht er auch jede Woche in die Gruppenstunde der Hundeschule. Dort weiß er natürlich, was von ihm erwartet wird und macht anstandslos all die Dinge, die er beim Gassi gehen mit mir nie in Betracht ziehen würde. Bei Fuß gehen, zum Beispiel, oder hinter mir gehen. Den einzigen Befehl, den er konsequent verweigert, ist "Platz". Lustigerweise, obwohl er keinerlei Problem damit hat, sich dann später beim Rumtollen ganz entspannt mitten zwischen alle anderen Hunde zu legen.

Was uns unheimlich gut an ihm gefällt ist, dass er irgendwie in sich zu ruhen scheint.  Er hat ein ganz ausgeprägtes Selbstbewusstsein, fürchtet sich vor nichts und ist ganz hart im Nehmen.Ich habe ihn in all den Monaten nur zweimal fiepen hören, einmal als er sich an einem Weidezaun einen Schlag geholt hat, einmal als ihm versehentlich jemand auf den Schwanz getreten ist. Vor dem Föhn läuft er davon (obwohl ich problemlos um ihn herum staubsaugen kann), sonst habe ich ihn noch nie mit eingeklemmtem Schwanz erlebt. Seine beste Hundefreundin, eine sehr ängstliche Hündin, hält sich immer eng an seiner Seite und fühlt sich offensichtlch von ihm beschützt.

Das Schöne ist aber, dass er gleichzeitig kein bisschen dominant oder besitzergreifend ist. Andere Hunde dürfen ins Haus kommen, in "seinem" Auto mitfahren, aus seiner Schüssel saufen und von uns Leckerlies bekommen. Alles kein Problem. Aber herumschubsen lässt er sich nicht. Die sehr dominante Hündin unserer Trainerin (ein slowakischer Wolfshund) hat nur ein einziges Mal versucht, ihn so anzugehen wie sie den Rest des Rudels angeht. Seitdem ist er der einzige, den sie nicht herumkommandiert und er ist auch der einzige, der dazwischen gehen darf, wenn sie mit den anderen Hunden (vor allem den Welpen) zu ruppig wird. Sehr spannend, diese Dynamik in der Gruppe zu beobachten.

Was mag er nicht? Schäferhunde. Männer in grünen Jacken (Jäger?), Kleinwagen und Motorräder. Alles, was in irgendeiner Form höchst verdächtig erscheint (Männer alleine, also ohne Hund, auf dem Feld, Personen, die Koffer tragen oder ganz eigenartige Kleidung) Da ist es uns in den ersten Wochen so gegangen, dass wir ihn nur mit Mühe zurückhalten konnten, während er Anstalten machte, sich auf die entsprechenden Objekte zu stürzen. Er hat sich tatsächlich auch auf fahrende Autos geworfen, war aber glücklicherweise immer an der Leine. Inzwischen hat sich das erstens sehr gebessert, zweitens wissen wir natürlich genau, auf was er reagiert und sehen schon an seiner Körperhaltung und am Gesichtsausdruck, ob Ärger zu erwarten ist. Nach wie vor hasst er Autos, die mit röhrendem Auspuff beschleunigen (was in unserer ruhigen Ecke glücklicherweise selten vorkommt) und hat ein sehr feines Gespür dafür, wer zu schnell fährt. Ob er mal bei der Polizia Stradale war?

Was liebt er: Eichhörnchen, Mäuse und Pizza. Eichhörnchen würde er am liebsten auf den Baum verfolgen. Mäuse buddelt er mit großer Leidenschaft und auch recht zuverlässiger Erfolgsquote aus. Den Acker hinter unserem Haus hat er bereits Quadratzentimeter für Quadratzentimeter umgegraben. Während wir problemlos Steak essen dürfen, ohne dass er bettelt, ist es leider so gut wie unmöglich, in Ruhe Pizza zu essen. Er würde für ein Stück Pizza, vorzugsweise mit Thunfisch, alles tun und springt dann schon auch mal aus dem Stand auf den Esstisch.

Dem können Sie auch entnehmen, dass es seinem operierten linken Hinterbein gut geht und er keinerlei Probleme damit hat. Letzten Monat hatten wir allerdings einen großen Schrecken als sich eine Schraube durch die Haut gearbeitet hat. Ich habe mir sofort einen Termin zum Röntgen geben lassen, zwei Tage später lag die Schraube aber schon in seinem Hundebett und Oliver scheint es noch nicht einmal bemerkt zu haben. Jedenfalls haben wir jetzt wunderbare Röntgenbilder von der Platte und den übrigen 8 Nägeln in seinem Bein, die den Tierarzt doch etwas zum Staunen gebracht haben. Nun hoffen wir, dass sich nichts weiter löst und der Rest drin bleiben kann.

Was fällt mir sonst noch ein: In den Sommerferien war Oliver zwei Wochen in einer Hundepension in der Nähe von Rosenheim und hat sich dort offensichtlich wohlgefühlt. Er kam zwar etwas struppig und ein Kilo leichter zurück, hat sich aber sehr liebevoll von seiner Gastmutter verabschiedet und wirkte völlig ausgeglichen. Die Hunde sind dort fast den ganzen Tag in einem großen Freilauf auf einem Bauernhof und ich denke, das hat ihm gefallen.

Ansonsten ist er ein Ausbruchskünstler. Wir haben den Zaun in unserem Garten schon mehrfach verstärkt, erhöht und repariert, müssen ihn aber leider immer noch an der langen Schleppleine am Trampolin festmachen, da er sonst unweigerlich bei den Nachbarn auf der Matte steht. Die ihn übrigens alle sehr mögen, weil sie sich mit ihm in der Nachbarschaft viel sicherer fühlen. Egal wie oft man mir versichert, diverse Gärten seien hermetisch abgesichert, ich weiß inzwischen, dass Oliver überall eine Lücke findet. Meist dauert es keine zehn Minuten, bis er fröhlich bellend (meist mit einem Igel im Maul) auf dem Nachbargrundstück steht.

Letzten Sonntag waren mein Mann und Joshua mit ihm im Tierpark Hellabrunn. Sie hatten alle möglichen Befürchtungen, tatsächlich war Oli aber die Ruhe selbst und hat sich weder von Elefanten, Giraffen, Nashörnern noch brüllenden Löwen aus der Ruhe bringen lassen. Die einzigen beiden Tiere, die er lautstark angebellt hat, waren ein Schäferhund und ein Eichhörnchen.

Natürlich hat er nach monatelanger, harter Überzeugungsarbeit auch unser Sofa erobert. Mein Mann arbeitet oft bis spät in die Nacht noch am Laptop und dann sitzen die beiden eng aneinander geschmiegt zusammen auf dem Sofa. Was soll man dem noch entgegen setzen? Natürlich kostet er uns sehr, sehr viel Zeit, an ein sauberes Haus ist nicht mehr zu denken und es ist ihm auch schon einiges zum Opfer gefallen: Kopfkissen, Ledergürtel (die er aus den Hosen zieht), Taschenbücher, alles aus Holz, Pappe und Leder, das er in seinen schrecklichen fünf Minuten zwischen die Zähne bekommt. Glücklicherweise hat er die schrecklichen fünf Minuten nur zweimal am Tag nach dem Fressen und ich weiß inzwischen, dass ich ihn in dieser Zeit nicht alleine lassen kann. Hat er die Phase überwunden, kringelt er sich zufrieden zusammen und bleibt dann auch problemlos ein paar Stunden alleine.

Wie auch immer, Joshua lässt ausrichten, dass Sie seinen allergrößten Wunsch erfüllt haben. Anbei noch ein paar Fotos.

Beste Grüße von Oliver und Familie

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