Ein Kindheitstraum, ein Blind Date und eine katastrophale erste Nacht

Joe und ich sind totale Tierfreunde. Hatten zwei Miezekatzen zuhause und konnten draußen an keinem Hund vorbeigehen ohne ihn anzuquatschen und bei positiver Resonanz (viele Hunde, vor allem große, stehen da total drauf) auch anzufassen und zu streicheln. Wir träumten den Traum vom eigenen Hund, der wie bei vielen Berufstätigen unerfüllbar schien. Bis Joe eine schwere Wirbelsäulen-OP hatte und nur noch eingeschränkt arbeitsfähig wurde. Die Jobsuche war noch schwieriger geworden: Irgendwann sagten wir: Ok, dann machen wir das Beste daraus, Joe kümmert sich um Haushalt, Katzen und mich und ich gehe in die Arbeit.

Als dann unsere geliebten Miezels innerhalb von wenigen Monaten beide eingeschläfert werden mussten, waren Schock und Trauer überwältigend. Die Wohnung so deprimierend leer, jedes Heimkommen traurig - ein Leben ohne Haustier, das ist nichts für uns. Den Hund, den wir uns zur Rente zulegen wollten, der gemeinsam geteilte Kindheitstraum, gegen den spricht plötzlich eigentlich gar nichts mehr - nur noch ganz vieles dafür.  

Wir waren uns (wie meist) einig. UNSER Hund kommt aus dem Tierschutz, ist erwachsen und darf auch hässlich sein (dieser Schönheitswahn nervt), wir nehmen auch einen den keiner mag - nur allzu schwierig darf er aufgrund unserer wenigen Hundeerfahrung nicht sein. Wir kauften uns Bücher und CDs über Hunde von Rütter und Co und verschlangen den Inhalt. Manches war aber auch sehr verwirrend. Rütter kann seitenlang die Körpersprache der Hunde beschreiben - und hinterher weiß der Laie eins: Er hat es nicht verstanden und ist nun völlig durcheinander!

Dann kam der große Moment: Wir fahren ins Tierheim Landsberg. Man geht mit uns rum, zeigt uns Hunde, erzählt deren Geschichte. Wir erfahren, viele Hunde brauchen hundeerfahrene Halter, andere Hunde sind so langbeinig & jung - z.B. Darco und Geschwister dass wir sie selber automatisch aussortieren - weil wir für sie zu unsportlich sind. Ein Jagdhundmädchen, 7 oder 8 Jahre alt, wird gerade geführt, hat Interesse an Joe, nimmt ein Leckerli und lässt sich streicheln von ihm - wir werden aufgeklärt, dass die Hündin oft Probleme mit Männern hat und eben solche schon auch mal beißt - ups, nee, da hätte ich Angst um Joe. Wir gehen mit Lapo Gassi - er tapst ziemlich stoisch neben uns her und beachtet uns nicht. Man erklärt uns er hätte in einer Kiste gelebt und Hundeerfahrung wäre schon wünschenswert. Nach 2 Stunden Tierheim sind wir enttäuscht und verunsichert gefahren. Niemand hat uns zu irgendwas ermutigt - am Ende trauten wir uns selbst keinen Hund dort zu. Ali war zu der Zeit in Landsberg, er hat sich an die Gitter gepresst und sich streicheln lassen. An seiner Tür stand: Kontakt über Giovanna Giaffa. So kamen wir auf die Website von CdI.

Oh mei - so viele Hunde bei Cani di Italia. Wir wohnen im zweiten Stock und ich war der Meinung, wir sollten den Hund tragen können, wenn ihm etwas fehlt - Joe meinte: Na der Hund sollte ihn tragen können, wenn`s drauf ankommt (Joes Humor). Wir haben dann ein paar Hunde, die in Frage kämen (weil sie nicht gefährlich klangen oder Erfahrung brauchten) in die engere Wahl genommen und Giovanna eine E-Mail geschrieben. Wir haben es Giovanna überlassen, welchen Hund sie für uns geeignet oder passend findet - und 2 Hunde wie Toby und Nerina konnten wir uns auch gut vorstellen - wir hatten ja auch immer 2 oder 3 Katzen.

Ich muss nicht erwähnen, dass alle Hunde wunderschön waren - und Giovanna entschied für uns auf Toby und Nerina. Zwei absolut wunderschöne Hunde (das Leben ist oft voller Ironie) sollten also in ein paar Wochen zu uns kommen. Wir waren außer uns vor Aufregung und Vorfreude. Wir lasen weitere Bücher, verbrachten Stunden in Tierbedarfsläden und im Internet auf der Suche nach Zubehör. Meine Kollegen (teilweise selbst Hundebesitzer) witzelten, sie hätten noch nie von Hunden mit so vielen Liegeplätzen gehört. Ja, aber die zwei Hunde müssen doch in jedem Raum in dem wir uns aufhalten je einen Platz haben?!? smiley smile Und so hatten wir in unserer 2-Zimmer-Wohnung mit Wohnkücke SECHS Hundeplätze vorbereitet. (Couch oder Bett waren hier natürlich nicht eingeplant oder mitgerechnet)

Zwei Tage noch bis zur Ankunft die Nachts stattfinden soll. Wir erhalten eine Adresse, wollen nicht das geringste Risiko eingehen, dass es Probleme bei der Anfahrt gibt und fahren zur Sicherheit die 45km einfache Fahrt dahin - war tatsächlich leicht zu finden. Am nächsten Tag Planänderung, die Hunde kommen doch woanders an. Ankunfstszeit voraussichtlich 2-3 Uhr morgens. Gut, wir sind mehr als willens unseren Teil zu tun - aber so lange wach bleiben und dann ein wirklich wichtiges Vorhaben souverän durchziehen? Ohje, Joe kann sich Filme ein Dutzend Mal ansehen, der Film wird immer fremd und neu sein, er schläft eh nach 10 Minuten ein - und ich als eigentliches Nachtlicht bin auch raus aus dem Alter in dem man öfter mal durchmacht. Das macht uns Gedanken - wie halten wir uns wach und fit? Wir verabreden uns mit einem Freund in einem Lokal und fahren gegen Mitternacht zu einem McDonald in der Nähe des Übergabeortes. Bei so vielen jungen Partypeople und ein paar Kaffee bleibt selbst Joe problemlos wach.

Dann so gegen 1 Uhr früh die SMS - Ankunft in ca. 15 Minuten. Wom, Adrenalinschub! Rein ins Auto und hin zum Treffpunkt. Wir waren so aufgeregt, dass wir auch zu zweit nur noch bruchstückhaft das erste Sehen schildern können. Ein Garten, Beleuchtung in der dunklen Nacht, 5 oder 6 Hundekäfige, drum rum genauso viele Hunde. Wir tapsen planlos rum, dann - Nerina kommt zu Joe, stellt sich zu ihm und lässt sich streicheln. Fast unwirklich erscheint die Szene , die Süße entscheidet sich für Joe - wie im Kitsch-Film. Tobi rennt rum, große Augen, total gestresst von Fahrt und Situation. Sandra und Petra helfen uns ganz geduldig und lieb die mitgebrachten Gschirre anzulegen und doppelt eingehängt führen wir aufgeregt und glücklich UNSERE Hunde zum Auto.

Kurze Heimfahrt, wie uns geraten wurde, kein Spaziergang, nur kurzer Stop am Grünstreifen, dann in unsere Wohnung. Wir, unser Leben mit Wohnungskatzen verbracht, hatten alle Türen offen, die Wohnung ist ja auch wirklich nicht groß. Die Süßen kommen von der Leine, Tobi rennt los, steht mitten auf unserem Bett, ein "Nein" auch ein "No" ist ihm Wurscht. Das Bett sollte tabu sein, aber weder Joe noch ich wollen unser Zusammenleben mit einer Konfrontation starten. Tobi wirkt durch den Stress wie unter Drogen, mit riesigen Augen tobt er durch die Wohnung, jagt Nerina vor sich her, aufs Bett, wieder runter ins Wohnzimmer, über die Sofas, immer den langen Gang hin und her. Es sieht wie Paarungsspiel aus, und ja, er steht immer wieder mit Kopulationsbewegungen neben ihr, bis sie ihn anknurrt und wegrennt und dann beginnt die wilde Jagd von vorne.

Es ist nun Sonntagmorgen ca. 3 Uhr und der Gedanke an die neuen Wohnungseigentümer unter uns, die sehr introvertiert durchs Treppenhaus huschen und gerade mal einen Gruß murmeln, stresst uns bei der Aktion in unserer Wohnung um diese Uhrzeit nun zusehends. Wäre nicht so prickelnd, wenn das Leben mit unseren Hunden gleich mit einer Beschwerde bei unseren Vermietern begänne. Wir wissen uns keinen anderen Rat als mit den Hunden die Wohnung zu verlassen. Wir gehen bis 4 Uhr morgens durch die nahen Seeanlagen, sitzen auf Parkbänken - an der Leine 2 fremde Hunde, die uns mit großen Augen ratlos ansehen.

Irgendwann sehen wir dann ein, wir können nicht bis zum Morgen unterwegs sein, es ist feucht und kühl, eine Nacht im November halt. Ok, in die Wohnung trauen wir uns nicht mehr in dieser Sonntagnacht - es bleibt nur das Auto. Einer geht hoch und holt Wolldecken, der andere bleibt bei den Hunden, die wir wieder in den Autohundekäfig verfrachten, in dem sie bei der Herfahrt so brav und ruhig waren. Wir sind zum Bahnhofsparklatz gefahren, auch ganz nah, aber halt nicht direkt vor der Wohnung im Auto gesessen. Das hätte sicher zu lustigen Spekuationen Anlass gegeben., wenn man uns gesehen hätte. Wir sind in unserem Ort durch saisonale Gastro-Mini-Jobs ziemlich bekannt. Wir sitzen am Bahnhof im Auto, die Hunde so ruhig, als wären sie nicht da. Es ist kalt, die Hunde haben eine Decke im Käfig, wir beide eine über uns beide auf den Vordersitzen geworfen. Wir dösen ein, schrecken hoch, der Nacken schmerzt, wir frösteln - ja, die erste Nacht ist oft denkwürdig, haha. Gegen 7 Uhr morgens bin ich so am Schlottern, ich muss etwas Wärme haben und fahre durch den Ort, von einem Ende zum entgegengesetzten. Joe war erschöpft auf dem Beifahrersitz eingeschlafen und wacht erst in einer Kurve wieder auf. Gegen 8 Uhr finden wir, dass nun die Nachtruhe (auch am Sonntag) nicht mehr sooo heilig ist und trauen uns wieder nach Hause zu gehen. Mit unseren heiß ersehnten und noch so fremden Hunden.

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